Ein Räumverband der DDR-Seestreitkräfte, bestehend aus 5 MLR-Schiffe des Typs HABICHT, steht im Seegebiet der Prorer Wiek, südlich des Hafens Sassnitz, seit 08:00 Uhr im scharfen Räumeinsatz im Rahmen des Nachkriegsräumens. Geräumt wurde gegen englische Fernzündminen mit induktivem Zündgerät, ELM/I, englische Luft-Mine / Induktion. Vier Schiffe laufen in der Formation Peilformation an Steuerbord mit ausgebrachtem elektromagnetischem Kabelfernräumgerät KFRG/M250/4R im befohlenen Räumstreifen. Das Schiff 6-32 lief außerhalb des Räumstreifens mit halb ausgebrachtem Gerät als Reserveschiff. Als Reserveschiff zu laufen war eine undankbare Aufgabe. Während die Kameraden auf den Räumschiffen die begehrte Minenräumzulage erhielten, für Mannschaften betrug der Stundensatz 2,00 DM, für Unteroffiziere 2,50 DM, für Offiziere 3,00 DM, der Kommandant erhielt 3,50 DM, bekam die Besatzung des Reserveschiffes nichts. Dann kam der ersehnte Winkspruch des Gruppenchefs an die 6-32: „GCH (Gruppenchef) an K (Kommandant), Gerät ausbringen, einscheren als taktische Nummer 4!“. Die bisherige taktische Nummer 4 musste wegen eines technischen Schadens aus dem Räumverband ausscheren. Der Kommandant des MLR-Schiffes 6-32 Fregattenkapitän a.D. Engelbert Hojenski, damals Leutnant zur See, erinnert sich: „Wir waren noch beim Aufdampfen. Kurz vor Einnahme der befohlenen Position fielen die Umpolschütze aus. Durch das E-Personal wurde die Spannung erhöht, die Stromstärke im Gerät stieg auf 1.000 A. Die Schütze hielten. Um 09:25 Uhr erfolgte eine Detonation einer Mine in ca. 180 bis 200 m Abstand vom Heck an Steuerbordseite innerhalb des Kabelspreizes. Der Kommandant des Führerschiffes 6-36, Oberleutnant zur See Sobisch, der mit dem GCH Kapitänleutnant Baumbach aus der Nock des Führerschiffes die Detonation beobachtete, sagte sarkastisch zum GCH: „Ede hat wohl ´ne Wasserbombe verloren.“ So richtig glaubte wohl keiner mehr, dass 1956 noch zündfähige Fernzündminen vorhanden waren. Aber dieser Räumerfolg und Minenunfälle in anderen Seegebieten zeigten, dass auch nach elf Jahren nach Kriegsende die Minengefahr noch nicht gebannt war. Am Schiff traten keine Schäden auf. Die Steuerbordseite des KFRG war vollkommen zerstört. Nach der Funkmeldung an den Chef der Flottenbasis Ost über den Räumerfolg, wurde die zeitweilige Unterbrechung des Räumeinsatzes befohlen. Die Schiffe liefen Sassnitz an. Hier erfolgte eine Untersuchung des Räumerfolges durch den Flaggsperroffizier des Kommandos der Seestreitkräfte und des Sperroffiziers der Flottenbasis. An der Untersuchung nahm auch ein sowjetischer Sperrspezialist der BRF teil. Erfolgsmeldung Am 21.10.1956 um 09:25 Uhr wurde auf der Position 54°27,65‘ N 13°39,30‘ E eine Fernzündungsmine durch das Schiff 6-32 geräumt. Angaben zum Räumerfolg: Gefahrene Formation: Peilformation Steuerbord, Peilung 10°, Längsabstand 800 m, da das Schiff 6-32, dass als taktische Nr. 4 fuhr, noch aufdampfte, als es die Mine räumte. Geschwindigkeit von 6-32 im Moment der Detonation 10,9 sm/h; Kurs um 180°, Wassertemperatur 11°C, Salzgehalt 1 g/l; Sicht im Wasser 4 – 5 m, Wind SW-3-4, Seegang 2, Wassertiefe am Detonationsort 16 m; Grundbeschaffenheit – feiner grauer Sand (Schlick). Entfernung vom Heck des Schiffes 6-32 = 180 bis 200 m an Steuerbordseite. Zeit zwischen Knall und Aufsteigen der Fontäne 2 – 3 sec. Höhe der Fontäne ca. 30 m. Farbe der Fontäne – weißer Sand und schwarzer Kern. Der Durchmesser der Gasblase betrug ungefähr 40 m, die Höhe 2 – 3 m. Die Zugmesser des Gerätes zeigten während der Detonation: an Steuerbord 2.500 kg, in der Mitte 750 kg, an Backbord 4.800 kg. Die Detonation erfolgte bei Ausschlag des Steuerbord-Amperemeters 800 A, die Umpolung war noch nicht eingeregelt.
Soweit diese Geschichte.
Eddy von der großen Insel
"Tradition pflegen heißt nicht Asche aufbewahren sondern eine Flamme am Leben erhalten!"
Fregattenkapitän a.D. / Rentner Ehrenamtlicher Leiter "Marinehistorisches- und Heimatmuseum Dranske-Bug"
Zitat von Kuno im Beitrag #5Sagt mal Ihr Mollis, was verstehe ich als Laie unter einer "Rabatzboje"?
Gehen denn Ale oder Minen auf Geräusche?
Danke und Gruß
"Rabatzboje" ist Slang für ein akustisches Minenräumgerät. In der einfachsten Form wurde durch den Fahrtstrom beim Schleppen ein Schlagwerk/Hammerwerk in der Boje angetrieben, das zur Auslösung akustischer Minen führen kann. Heute sehr viel komplizierter, da z.B. Geräuschsignaturen spezieller Schiffe imitiert werden müssen um die Zündung auszulösen. Ein sehr umfangreiches Thema.
@ods, das wirft bei mir die Frage auf, ob die Minen sozusagen "spezialisiert" werden, d.h. im Extremfall für ein bestimmtes Schiff mit seinem typischen Schrauben/Motorengeräusch. Oder für eine Klasse, wobei ich mich hier frage, ob die Geräusche eines Schiffs einer Klasse sozusagen bei jedem diesselben sind (geht das überhaupt? Könnten ja auch in derselben Klasse andere Schrauben/Motoren eingebaut sein?). Oder spielen da noch andere Geräusche eine Rolle? Ich denke mal, der Antrieb ist der "Haupt-Tonträger"...
OldMan
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- NIHIL, NIHIL. (Von Nichts wird Nichts.) ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- NVA wie so ziemlich alle damals in der DDR - 1987 Hptm. d.R., seit 1961 bis heute beruflich alles mögliche und ziemlich viel, jetzt aber Rentner und unabhängig... (naja, da gibt es noch meine liebe Frau...)
Die Möglichkeit besteht sicherlich. In wieweit das realisiert wurde-keine Ahnung. In Selbstsuchköpfen von Seezielraketen gibt es das-optoelektronische. Nun werfe ich Minen ja nicht irgendwo. Wir hatten Offensiv- oder Verteidigungsminensperren. Offensive lege ich im Gebiet des Gegners, um das Ein- oder Auslaufen oder das Durchqueren bestimmter Gebiete zu verhindern oder zu erschweren. Verteidigungsminensperren lege ich zum Schutz eigener Gebiete. Es genügt schon eine Mine um Gebiete unpassierbar zu machen. Ich binde damit gegnerische Suchkräfte und erschwere damit deren Auslaufen und damit die Erfüllung von Aufgaben. Nicht zu vergessen der psychologische Faktor. Es gibt ja mittlerweile Minen der unterschiedlichsten Coleur. Unter anderem Minen, die erst nach sehr langer Zeit scharf werden, Minen die dem Schiff hinterher laufen. Sie sind weit entfernt von den Minen im ersten und zweiten WK. Wobei es die auch immer noch in vielen Marinen gibt. Was sich radikal geändert hat ist die Minensuche.
@OM, ganz kurz: ja, hauptsächlich geht es um die durch Antrieb und/oder Propeller erzeugten Geräusche. Ganz kurzes, einfaches Beispiel: ein schnellaufender Motor (z.B. eines Kriegsschiffes) unterscheidet sich deutlich vom langsamlaufenden Motor eines "Händlers". Das betrifft natürlich dann auch die Geschwindigkeit der Propeller. Wie gesagt, ganz kurz und sehr vereinfacht.
@Hogo: sehe ich ähnlich mit den Änderungen im Bereich Suchen/Räumen. Hauptsächliche Veränderung, das man versucht das auch zu unserer Zeit noch weitestgehend praktizierte Überlaufen der Mine durch das Räumfahrzeug zu verhindern. Stichwort: Minensonar zur Ortung und dann gezielter Einsatz von Tauchrobotern oder Minensuchern, die auf den Minenjagdbooten eingeschifft sind.
Zitat von Hogo im Beitrag #9 Sie sind weit entfernt von den Minen im ersten und zweiten WK. Wobei es die auch immer noch in vielen Marinen gibt. Was sich radikal geändert hat ist die Minensuche.
Mehr davon, bitte.
Gruß
Ebbe und Flut, der Lauf der Gestirne - dass sind meine kleinsten Probleme.
Zitat von Hogo im Beitrag #9 Es gibt ja mittlerweile Minen der unterschiedlichsten Coleur. Unter anderem Minen, die erst nach sehr langer Zeit scharf werden, Minen die dem Schiff hinterher laufen. Sie sind weit entfernt von den Minen im ersten und zweiten WK. Wobei es die auch immer noch in vielen Marinen gibt. Was sich radikal geändert hat ist die Minensuche.
Minen die erst nach längerer Zeit scharf werden hatten wir aber auch. Die KMD hatte ein Zündgerät, wo man bestimmte Einstellungen vornehmen konnte. Unter anderem auch eine Tageszahl bis zur Scharfschaltung oder auch eine Anzahl von Schiffsüberläufen wo sich die Mine still verhielt, obwohl die Werte für eine Zündung vorlagen. Es gab glaube ich so 5 Einstellungen die man vornehmen konnte. Gemäß Vorschrift habe ich aber genauere Dinge nach meinem Weggang aus die I-Basis vergessen ...
Wenn wir die Wartung/Überprüfung der Zündgeräte durchgeführt hatten, musste ich vor dem Verplomben eine mir vorher befohlene Grundeinstellung vornehmen. Über die Verplombung war immer nachvollziehbar, wer zuletzt die Einstellungen vorgenommen hatte.
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03.02.2021 16:11
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